Anschließender Austausch mit dem Ensemble und dem Regieteam als besonderes Highlight

 

„Woyzeck“ von Georg Büchner ist immer einen Theater-Besuch wert – besticht das Werk doch mit zeitlosen Themen, welche teilweise heute aktueller denn je erscheinen: Die Frage, ob ein Mensch in einer Gesellschaft als Objekt oder Subjekt betrachtet wird; Einsamkeit, Eifersucht oder auch die Bewertung von Schuld.

Für den baden-württembergischen Abiturjahrgang 2024 steht Büchners Werk sogar als Pflichtlektüre im Bildungsplan – Gründe genug für das Mannheimer Nationaltheater, eine Inszenierung des „Woyzeck“ auf den aktuellen Spielplan zu setzen.

Dem Deutsch-Leistungskurs (Klasse 12) der Mannheimer Carl-Benz-Schule (CBS) wurde nun eine besondere Ehre zuteil: Man durfte der Generalprobe des „Woyzeck“ beiwohnen und somit den ersten Durchlauf vor Publikum erleben. Und nicht nur das: Als besonderes Bonbon bestand im Nachgang der Aufführung noch die Möglichkeit, u.a. mit den Schauspielerinnen und Schauspielern sowie dem Regieteam in einen persönlichen Austausch zu kommen. 

Ergeben hatte sich dieser besondere Abend durch das Angebot des Nationaltheaters an Schulklassen, dieser Aufführung beizuwohnen. Thorsten Kindermann, der Deutsch-Lehrer des Kurses, wollte seinen Schülerinnen und Schülern dieses außergewöhnliche Angebot ermöglichen und vereinbarte mit Ronja Gerlach, welche diesen Abend für das Nationaltheater koordinierte, den Besuch des Deutsch-LK der CBS.

Dieser erwies sich denn auch als absoluter Volltreffer: Die „Woyzeck“-Aufführung im Studio Werkhaus stellte sich als großartige Interpretation heraus und begeisterte die Schülerinnen und Schüler. Eine packende Inszenierung voller Überraschungen und interessanten Änderungen im Vergleich zum Originaltext, dazu ausgezeichnete schauspielerische Darbietungen, ein originelles und gewinnbringendes Bühnenbild, wirkungsvoller Einsatz von Musik und Sound-Elementen sowie diverse Szenen, welche dem Publikum noch lange im Gedächtnis bleiben – die neue Woyzeck-Aufführung bietet alles, was Theater zu einem Erlebnis macht.

Dass die Schülerinnen und Schüler angetan waren von dem, was sie gerade erlebt hatten, erwies sich im nachfolgenden Gespräch mit dem Ensemble und dem Regieteam. Ronja Gerlach, welche den Austausch ebenso charmant wie eloquent moderierte, bat die Jugendlichen zunächst, deren jeweils ersten Gedanken zu äußern, den sie nach Ende der Vorstellung im Sinn hatten. „Klasse“, „beeindruckend“, „spannend“, tolle Szenen“, „bewegend“, „interessant“, „regt zum Nachdenken an“ oder auch „super gespielt“ waren nur einige der durchweg positiven Reaktionen der Schülerinnen und Schüler.

Das Gespräch erwies sich insgesamt als sehr intensiver und für beide Seiten erhellender Austausch. Die Jugendlichen wollten z.B. von dem Regieteam wissen, wie einige Änderungen aufzufassen seien. Über die Gegenfragen: „Was bedeuten diese Änderungen denn für Euch, wie empfindet Ihr diese Änderungen, wie kommen sie bei Euch an?“ ging es intensiv in die Deutung verschiedener Momente des Stückes, zugleich wurde aber auch klar, dass es – wie in der Literatur auch – im Theater nicht die EINE richtige Antwort und Deutung gibt, sondern dass es im Endeffekt exakt so viele Deutungen gibt wie Zuschauer – denn jeder empfindet das Gesehene anders, hat unterschiedliche, durch den jeweiligen persönlichen Background geprägte Wahrnehmungen und Zugänge. Genau das macht Theater und auch Literatur so spannend und besonders.

Der CBS-Leistungs-Kurs genoss es sichtlich, einen Blick hinter die Kulissen zu erhalten – und auch das Ensemble nahm die Tipps, Reaktionen und Interpretationen mit Interesse auf.

Der Abend verging wie im Fluge und wurde für die Schülerinnen und Schüler zu einem außergewöhnlichen Erlebnis.

„Das war wirklich eine tolle Idee. Die Aufführung war super und das nachfolgende Gespräch wirklich cool. Wann hat man schon einmal die Gelegenheit, mit den Schauspielern zu sprechen, Fragen zu stellen und seine Meinung zum Stück direkt im Anschluss mitteilen zu können?“, stellte Eunike Sinn die Besonderheiten des Abends heraus.

Auch Thorsten Kindermann war stolz auf seine „Schäfchen“, die allesamt interessiert waren und sich aktiv in das Gespräch einbrachten. „Die Aufführung wird uns im Unterricht weiter begleiten und Impulse liefern, wir werden sicherlich an der ein oder anderen Stelle auf bestimmte Szenen und Ideen der Umsetzung zurückkommen. Der Abend war ein voller Erfolg und es freut mich sehr, dass unser Kurs so viel mitgenommen hat und vor allem einen spannenden Abend erleben durfte. Vielen Dank an Frau Gerlach und das Nationaltheater. Das Stück ist absolut zu empfehlen.“
 
Also: Vorhang auf, Friede den Hütten!